Wenn die Angstkultur spukt und wie wir den Bann brechen können
Plagende Unsicherheit, unheimliche Schatten und kalter Schweiß, das klingt nach einer guten Halloween-Geschichte. Doch für viele Mitarbeitende ist das der bittere Alltag: die unsichtbare, aber sehr reale Angstkultur in Unternehmen. Statt Sicherheit, Offenheit und Vertrauen herrschen an vielen Arbeitsplätzen Schweigen, Vermeidung und Druck.
Die Geister der Angstkultur
Angst am Arbeitsplatz äußert sich meist leise, denn sie ist meist das Resultat jahrelanger Strukturen. Mitarbeitende trauen sich nicht, Probleme oder Missstände anzusprechen. Führungskräfte schweigen, weil sie Konsequenzen fürchten. Und so wächst das Schweigen zu einem Monster heran, das ganze Organisationen lähmt.
Fehlende psychologische Sicherheit war stets ein Nährboden für Skandale, wie auch der Volkswagen Dieselgate zeigt. Wo niemand wagt, Fehlentwicklungen anzusprechen, eskalieren sie im Dunkeln.
Was Forschung schon lange weiß
Bereits in den 1990er Jahren zeigte die US-amerikanische Professorin Amy Edmondson von der Harvard Business School: Psychologische Sicherheit, also das Gefühl, offen sprechen zu können, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen, ist ein Schlüsselfaktor für Teamleistung. Ihre Studien belegen: Teams, die Fehler offen ansprechen dürfen, lernen schneller und entwickeln sich weiter.
Wie Angstkultur sich zeigt
- Schweigen statt Ansprechen: Probleme werden ignoriert oder unter den Teppich gekehrt.
- Fehlende Beteiligung: Nur wenige sprechen, viele schweigen und gute Ideen gehen verloren.
- Top-down statt Dialog: Entscheidungen werden ohne Rücksprache getroffen, Verantwortung wird nach unten delegiert.
- Vermeidungsverhalten: Mitarbeitende gehen Risiken aus dem Weg, aus Angst, bestraft zu werden.
Diese Muster wirken wie Spinnweben: unsichtbar, aber fesselnd. Und sie lassen sich nur Schritt für Schritt auflösen.
Sicherheit statt Angst: Wie der Bann gebrochen werden kann
In der Schweiz sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, Arbeitspsychologen einzusetzen, ein wichtiger Schritt in Richtung psychologischer Sicherheit. Oder was meint ihr? Es gibt klare Hebel, um Angstkulturen zu verändern:
1. Gleichberechtigte Redezeit schaffen
In Meetings sollten alle zu Wort kommen. Vor allem die Teamleitungen sollten darauf achten, Vielredner zu bremsen und stille Stimmen zu stärken. So entsteht Raum für neue Perspektiven.
2. Offenheit fördern
Besonders kritische Meinungen verdienen Gehör. Direkter Austausch stärkt Vertrauen und Verständnis. Das Ergebnis: mehr Mut, sich einzubringen.
3. Führungskräfte als Vorbilder
Psychologische Sicherheit beginnt an der Spitze. Wer als Führungskraft eigene Fehler eingesteht, Verantwortung übernimmt und offen kommuniziert, signalisiert: Hier darf man Mensch sein und Fehler machen.
4. Transparenz leben
Wissen darf kein Machtinstrument sein. Nur wenn Teams über denselben Informationsstand verfügen, kann echte Zusammenarbeit entstehen.
5. Konstruktives Feedback kultivieren
Fehler und Kritik werden sachlich besprochen, nicht persönlich genommen. Das senkt die emotionale Stimmung und stärkt die Teamdynamik.
6. Verletzlichkeit zulassen
Wenn auch Führungskräfte offen über ihre Befindlichkeiten sprechen, verändert das die Atmosphäre im Unternehmen grundlegend. Verletzlichkeit ist keine Schwäche, sie ist der Schlüssel zu Vertrauen.
Weg vom Schweigen, stattdessen hin zur psychologischen Sicherheit
Veränderung geschieht nicht über Nacht. Eine angstfreie Unternehmenskultur entsteht nicht per Anordnung, sondern durch konsequentes Vorleben, offene Gespräche und die Bereitschaft, Schritt für Schritt Vertrauen aufzubauen. Workshops, Teamtrainings und psychologische Begleitung können dabei wichtige Impulse geben.
Psychologische Sicherheit ist kein «nice to have», sondern ein Erfolgsfaktor. Unternehmen, die das erkannt haben, schaffen Räume, in denen Menschen sich trauen, Ideen zu teilen, Fehler einzugestehen und gemeinsam zu wachsen.
Statt Halloween-Grusel gibt es dann ein neues Narrativ: Mut, Offenheit und Zusammenarbeit.
Wir begleiten Unternehmen dabei, Angstkulturen aufzubrechen und psychologische Sicherheit nachhaltig zu etablieren.